26.08.2013 14:27

Tag 26 - Pladderregen in Ufa

 

wenn wir gestern nur vermutet haben, dass diese Hügel irgendwas mit dem Ural zu tun haben könnten, sind wir uns seit heute ziemlich sicher.  

die Hügel nahmen kein Ende und wurden irgendwie immer höher. es ging stets bergauf, bergab. landschaftlich war es schön! und im Grunde irgendwie alles vertraut, denn zwischendurch dachte ich, wir führen über die Gauseköte bei Detmold -- und das bestimmt 20x hintereinander. da fühlte ich mich ja fast zu Hause, denn diesen "Hügel" im Teutoburger Wald kenn ich ja sozusagen "par coeur". 

aber die Uralausläufer waren durchaus nochmal n Tuck gewaltiger. wenn nicht die tausenden von Autos und LKW gewesen wären, dann wär es einfach nur herrlich gewesen, dort entlang zu fahren. 

ich fürchte ja, dass wir mit dem vielen und schnellen Verkehr noch zu tun haben werden, bis wir aus Russland wieder rausfahren, denn wir schätzen, dass sich daran nicht viel ändern wird. es sei denn, wenn wir die Straße verlassen, die wir bisher gefahren sind: die E30, die nachher dann nach Moskau führt. 

Der Verkehr ist das, was Russland zur Herausforderung macht für uns. hier sind es nicht die Naturextreme oder die so schlechten Straßen wie in China und auch teils in Kasachstan. 

n bisschen Sorge macht mir das schon, denn ich finde es sehr anstrengend, da stets mitzuhalten und immer die Augen überall zu haben: auf der Straße, vorne und im Rückspiegel, denn manchmal kommen sie angeschossen -- da hat man vor 5 Sekunden noch in den Spiegel geguckt und es war keiner da, aber sind sie plötzlich schon neben einem. unglaublich. 

aber auch, wenn sie schnell unterwegs sind, muss man ihnen zugutehalten, dass sie wesentlich zuverlässiger sind als die Chinesen. sie fahren mit Licht, wissen, dass das Auto über Blinker verfügt und setzten diese auch ein, bremsen ab im Zweifelsfall, ziehen sich wieder zurück, wenn sie schon ausgeschert und uns erblickt haben. und manchmal gibt es auch LKW-Fahrer, die uns extra Platz machen. so gesehen fahren sie durchaus vernünftig und fair. 

gestern allerdings haben wir einen gesehen, der für mich komplett irre war. er kam von links auf die Hauptstraße zugeschossen und hat nicht einen Deut verlangsamt, sondern ist - ganz à la chinoise - mit Volltempo über die Kreuzung gedonnert. für mich war klar, dass der zu viel Wodka intus haben dürfte. Robert allerdings hat ihm zugesprochen, dass der das bestimmt alles voll gecheckt habe und nur deshalb so haargenau passend über die Schnellstraße geflogen sei, weil er ganz genau abgemessen habe, dass es gerade noch so perfekt hinhaut. naja, ich weiß nicht … 

wie dem auch sei … 

 

heute morgen wachten wir in unserem Hexenhäuschen auf, in dem Robert erstaunlich gut geschlafen hat, ich aber nur sehr leicht, weil ich 1. immer mit einem Ohr aufm Flur war bzw. schon damit gerechnet hab, dass gleich jemand in unser Zimmer einbricht, so ganz geheuer war mir das alles nicht.  2. mich nicht so recht zudecken wollte mit dieser sicherlich krabbeltierversetzten Decke.  

am Abend hatten wir ja noch gesagt: wir nehmen`s mit Humor. war auch so -- das ging sogar soweit, dass wir vorm Einschlafen beide noch einen totalen Lachkramppf gekriegt gehabt. einfach, weil alles so irrwitzig war. ich konnt nicht mehr, hab plötzlich nur noch gegackert. der Bauch tat schon weh und mir standen die Tränen in den Augen vor lauter nicht-mehr-aufhören-können. ich hab dran gedacht, dass wir Schwestern so einen ähnlichen Anfall hatten bei unserem Doppelkopfabend in unserem Ferienhaus an der See -- ich glaub, Caro hatte es damals am Schlimmsten erwischt. ;-) herrlich! 

ich beruhigte mich aber irgendwann, auch weil Robert - sich den Bauch haltend - immer nur sagte: hör auf! hör auf! mein Bauch! ... 

und wir schliefen irgendwann ein. 

 

einerseits waren wir froh, dass wir da wieder wegkonnten, andererseits aber auch, dass wir überhaupt ein Dach überm Kopf hatten in der Nacht, denn wir hatten uns ja gestern wegen Mückenplage gegen das Zelten entschieden. das war im Nachhinein betrachtet auch ganz gut so, denn Robert hat ein paar km nach unserer Nachtbleibe Schilder gesehen, die besagten: nicht campen, kein Feuer machen und keine Essensreste liegenlassen. und es sei ein dicker Bär abgebildet gewesen. 

oh oh, auf ne nächtliche Begegnung mit nem Bären kann ich gut verzichten! und ich glaube, selbst Robert wäre das dann doch n bisschen zu abenteuerlich. aber der Bär lebt hoffentlich und vermutlich nur in den großen großen Bergen des Ural, nicht mehr da, wo wir vielleicht irgendwann nochmal unser Zelt aufschlagen werden müssen, wenn es weit und breit nix anderes geben sollte. kann ja immer mal sein. 

 

wichtige Meldung von heute ist auf jeden Fall, dass wir mit der Überquerung der Berge und hinter-uns-Lassen der Bären nun wohl auch die eurasische Grenze passiert haben dürften -- wie Otto schon sagte! das bedeutet, dass wir bereits in Europa sind!!!! juchuuuuu! Wahnsinn! --- und trotzdem noch so viele km vor uns! 

 

Wir sind heute in Ufa angekommen, nächste Station ist dann Samara. aber wir müssen hier erst warten, bis die freundliche Dame im Hotel für uns diese offizielle Registrierung gemacht hat. das wird den morgigen Tag in Anspruch nehmen, denken wir. so haben wir gleich mal zwei Nächte hier eingeplant. Zwangspause sozusagen. 

die Zeit können wir gut nutzen, um all unsere Sachen wieder zu trocknen, denn wir sind heute durch unbeschreiblichen Pladderregen gefahren. man man man, das war ganz schön eklig! und auch kalt! glücklicherweise sind die Sachen, die in meinem Koffer sind immer sicher und trocken, darunter ist natürlich auch der Rechner, die externe Festplatte usw. Und wir haben auch sonst ein paar regendichte Taschen, aber nicht alles kann man immer absichern vor Nässe. und man selbst ist leider auch irgendwann durchgeweicht, denn ab ner bestimmten Menge Regen halten die Jacken und Hosen auch nicht mehr dicht. 

das erste Mal überraschte uns der Regen in den Bergen. wir hielten, um Kamera etc. einzupacken, versuchten noch, uns im Wald unterzustellen. brachte aber nicht wirklich viel. sonst war da nix, kein Häuschen, nix. so entschieden wir, wohl oder übel doch weiterfahren zu müssen. nach ein paar hundert Metern blieben wir aber schon wieder stehen, denn Robert befand: zu gefährlich! stimmt! fand ich auch! wir haben abgewartet bis sich wieder ein Hoffnungsschimmer Blau zeigte und fuhren dann bis zum nächsten Restaurant. dort wärmten wir uns auf bei Tee und Borsch. tat gut, etwas Warmes in den Magen zu bekommen. 

dann war ne Weile alles gut. ich war schon drauf und dran, mir die Regenhose wieder auszuziehen, aber gut, dass ich das nicht gemacht hatte, denn als wir schon fast in Ufa einfuhren, ging es nochmal los - ein kurzer Schauer, aber heftig -- nicht schlimm, dachten wir, da wir ja quasi schon im Hotel sind. aber nix da! falsch gedacht! wir haben mindestens geschlagene zwei Stunden gebraucht, bis wir eine Bleibe hatten -- bzw. konkret in Aussicht hatten. und in der Zeit stand plötzlich die ganze Stadt unter Wasser. es gab Wolkenbrüche, die alles Verfügbare an Regen auf die Straße peitschten, die Autos - und wir natürlich auch - fuhren durch tiefe Seen. 

 

ein paar Mal mussten wir halten, um irgendwo zu fragen, weil wir kein Hotel entdecken konnten. ich bin im Supermarkt gewesen, wo alle Leute am Ausgang auf das Ende des Regens warteten und habe an alle das Wort gerichtet mit meiner Frage nachm Hotel. sie lachten alle nur, keiner antwortete mir direkt, sie berieten sich nur untereinander und kamen zu keinem Ergebnis. und keeeeeeiner konnte Englisch, auch nicht die jungen Menschen dort. seltsam, oder?! 

während sie so zu keinem Ergebnis kamen, wartete Robert draußen bei den Motorrädern. ich glaub, er war der Einzige weit und breit, der bei dem sintflutartigen Gewitter noch nicht unterm Dach war. so passierte es gleich zwei Mal. und was ich am erstaunlichsten fand: er hat es einfach so gelassen ertragen, sich nicht beschwert. nur irgendwann später sagte er dann: meine Füße stehen im Wasser, mir ist kalt.  -- kein Wunder. 

 

Bei einer Tankstelle fragte ich wieder bzw. deutete auf unseren Zettel, wo die wichtigsten Sätze auf Russisch draufstehen. das eine Mädel hatte gar keine Lust, nachzudenken, das andere schien gleich kooperativer. sie nahm Zettel und Stift zur Hand und überlegte. ich wartete stumm. irgendwann packte sie dann plötzlich ihre Tasche und kam raus, deutete uns, dass wir hinter ihr herfahren sollten. oh, wie nett! es ging ales erstes über die Tramschienen, die aber nicht schön eben in die Straße eingearbeitet waren, sondern ziemlich huppelig. mit den Schlaglöchern zusammen und dem Regen wollte ich da gar nicht so recht rüber, musste dann aber, denn a) musste ich ja den Anschluss kriegen an die beiden, b) wurde es Zeit, denn von rechts kam die Tram und bimmelte mich schon an. oh oh, gib Gas! dachte ich da nur. wir fuhren kreuz und quer durch die Stadt und durch den Regen. irgendwann hielt sie an einem Hotel, was sehr ansprechend aussah. super! danke! endlich! ... sie fuhr davon und ich ging triefend zur Rezeption, um bettelnd unser Anliegen vorzubringen, aber es hieß nur „niet“ -- nix frei! oh neeeeein! und jetzt?? 

sie schrieben uns noch drei weitere Hoteladressen auf, aber wir hatten ja keinen blassen Schimmer, wo diese Straßen sein sollen. aber immerhin konnten wir uns damit weiter durchfragen. 

irgendwann waren wir dann einem Hotel, wo die Dame an der Rezeption sogar etwas Deutsch sprach. das machte die Sache einfacher. sie wollte die Pässe sehen, ging dann noch raus, um einen Blick auf meinen Mann zu werfen, fand ihn offenbar vertrauenswürdig und sagte: ok. aber: wir müssten erst noch ca. ne Stunde warten. 

warum leuchtete uns nicht ganz ein. ich hatte rausgehört, dass sie wohl noch das Zimmer machen wolle - komisch, die müssen doch ein fertiges Zimmer haben, ist immerhin ein zehnstöckiger Klotz. 

aber es stellte sich heraus, dass wir wohl die allerersten Gäste sind - Erstbezug. hier ist an Details zu erkennen, dass das ganze Hotel gerade erst fertig geworden ist. 

 

wir bekamen ein Zimmer --- und breiteten all unsere Sachen aus. es wurde im Nu hempelsmäßig. Der Roomservice sollte nicht kommen, denn den würde der Schlag treffen. 

 

wir gingen noch was essen. beim Kino nebenan gibt es ein paar Restaurants. 

und: dort gibt es Internet! werde also morgen nochmal mit meinem MacBook dorthinmarschieren, um Euch die letzten Meldungen zu schicken. 

 

Für heute gute Nacht.

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